Ein Erfahrungsbericht unseres Mitgliedes Andreas Griese

Andreas hat am vergangenen Samstag unsere Wahlkampf-Aktion vor dem REWE in Nordstemmen (Lange Maße) unterstützt und dabei seinen Fokus darauf gelegt, Unterschriften für das Volksbegehren Artenvielfalt zu sammeln. Hier schildert er seine Erfahrungen.

Übrigens: wer sich über den grünen Bürgermeisterkandidaten, unsere Wünsche für Nordstemmen oder das Volksbegehren Artenvielfalt informieren will, kann uns gerne an unserem Stand vor dem REWE zu folgenden Terminen besuchen: 
Samstag, der 29.08.2020 von 10:00 bis 12:00 Uhr
Samstag, der 05.09.2020 von 10:00 bis 12:00 Uhr

Gleich drehe ich mich um und werde das erste Mal in meinem Leben auf Menschen zugehen, um sie davon zu überzeugen, mit ihrer Unterschrift das Volksbegehren Artenvielfalt Niedersachsen zu unterstützen. Ich hole noch einmal tief Luft und wie in einem vor meinem inneren Auge ablaufenden Kurzfilm sehe ich all die Stationen, die mich genau an diesen Punkt geführt haben.

Fernsehberichte; ausgerechnet aus Bayern. 1,7 Mio. Bayern stimmen für die Biene und unser „Fragezeichen“ Kanzlerkandidat Markus macht eine politische Kehrtwende. Die Bienen, alle Arten und die Natur in Bayern freut es und wenig später freuen sich auch die Bienen  in Baden-Württemberg. Der grüne Landesvater Winfried Kretschmann hat mit allen Akteuren gute Wege gefunden. Da frage ich mich: muss denn jetzt wirklich jedes Bundesland ein Volksbegehren initiieren? Die Antwort: Ja, muss! Der Föderalismus verlangt es so und meint es ja auch oft gut mit uns allen. Aber was wird denn nun mit den Bienen  in den anderen 14 Bundesländern frage ich mich. Okay….ich verstehe, Niedersachsen muss seinen eigenen Weg beschreiten. Das will ich gerne unterstützen, allein schon wegen der Chancengleichheit für die Bienen hier gegenüber den Bienen im Süden Deutschlands.

Hier in Niedersachsen konnten sich die verschiedenen Interessenverbände erst mal auf keinen gemeinsamen Weg verständigen mit dem alle einverstanden wären. Hierfür haben unsere demokratischen Grundlagen ein besonderes Instrument vorgesehen, nämlich die Möglichkeit eines Volksbegehrens. Seien Sie großzügig mit sich – ich kannte es bisher auch nicht. Das ist auch kein Wunder, denn es stammt aus den fünfziger Jahren und wurde bisher sehr selten angewandt.

Das Volksbegehren ist der Weg, auf dem Bürger*innen selbst Gesetze machen können. Hierfür müssen 10 % (das sind in Niedersachsen rund 610.000 ) unterschreiben. Darüber hinaus ist es notwendig, dass die Bürger*innen auf hierfür extra anerkannten Unterschriftenlisten unterschreiben. Digitalisierung schießt es durch meinen Kopf…Fehlanzeige. Die Listen gehen an die jeweiligen Einwohnermeldeämter (wo sie auch verbleiben), die wiederum die Unterschriften prüfen und die gültige Zahl an die Landeswahlleiterin meldet. Das Volksbegehren Artenvielfalt wurde von einem Bündnis aus Initiatoren gegründet. Aktuell engagieren sich 200 Bündnispartner, darunter viele Umwelt- und Naturschutzverbände, Vereine, Paten sowie weitere Organisationen.

Okay aber um was geht es denn eigentlich und kann ich das vertreten? Es geht um mehr Vielfalt in der Landschaft, weniger Pestizide und mehr Ökolandbau, artenreiche Wiesen und naturnahe Wälder. Klar dachte ich mir, dass kann ich unterstützen, aber was ist denn, wenn das Gesetz kommt mit denen, die aus ihrer Sicht Nachteile haben. Gibt es hierfür Lösungen? Ja, der vorgeschlagene Gesetzestext sieht für die unterschiedlichen Belange Entschädigungsleistungen und Aufwandsentschädigungen vor, die im Gesetz festgeschrieben werden. Das ist für mich in Ordnung, die Betroffenen müssen dürfen und sollen natürlich dies für sich selbst bewerten.

Ich schaue mich noch einmal um, alles ist gut vorbereitet. Der kleine „Bienenrettungsstand“ ist aufgebaut, die Unterschriftenlisten warten darauf, gefüllt zu werden. Zusammen mit meiner Partnerin Birgit, mache ich mich diesen Samstag morgen auf zum Rewe-Parkplatz.

Und los, ich gehe auf einen Mann Anfang fünfzig zu „Entschuldigung kann ich…?“ – „Nein danke“ – und weg ist er… Was war das denn… Das tat weh ..Ich wollte doch nur… Okay ich versuche es gleich noch bei einer Frau um die vierzig „Entschuldigung kann ich…?“ „Ich habe keine Zeit“  und weg ist sie… Ich ziehe mich zurück. So habe ich mir das nicht vorgestellt. Mache ich bei meiner ersten Unterschriftensammelaktion etwas verkehrt, frage ich mich? Jetzt bloß nicht gleich entmutigen lassen. Ich starte wieder durch  und erblicke einen Mann, wohl ende 30 mit einem Kind unter zehn. „Entschuldung, Sie als guter Vater Ihres Kindes…“ – „Nett, dass Sie mich dafür loben aber ich will mit Politik nichts zu tun haben“, erwidert der Mann und zieht von dannen. Nun muss ich erneut ablassen und frage mich, ob ich das durchhalte. Ich frage mich wie ich in der Vergangenheit reagiert habe, wenn ich von Menschen die von ihren demokratischen Recht Gebrauch machten und Unterstützer für ihr Anliegen suchten, angesprochen wurde. Mir wird klar, dass jeder von uns seine ganz eigene Art hat darauf zu reagieren, wenn er angesprochen wird. Mir war bewusst, dass jeder von uns einen anderen Umgang damit hat von fremden (für ein Vorhaben) angesprochen zu werden.  Nach dieser Erfahrung nehme ich mir vor, in Zukunft wertschätzender mit den Menschen umzugehen, die mich für ein Anliegen begeistern wollen.

Zu meinem Glück war ich nicht allein unterwegs, meine Frau Birgit war ebenso wie ich das erste mal auf Unterschriftenfang. Nach der anfänglichen Frustration tauschen wir uns aus, bekräftigen unseren Willen und schenken uns gegenseitig Mut. Kurze Zeit später kommt ein alter Bekannter vorbei, wir kommen ins Gespräch und tauschen uns über früher aus. Nach einem netten Talk willigt er ein, auch mit seinem Namen für mehr Artenschutz einzustehen und auch bei Birgit gibt es immer mehr Nordstemmener*innen die sich ebenfalls mehr politischen Willen beim Thema Artenschutz wünschen. Freude kommt auf! Im lebhaften Austausch berichten viele von ihren Gärten und den  Blumenwiesen die sie dort angelegt haben. Die ambitionierten Unterstützer*innen strahlen mich stolz an, während sie begeistert von der Blütenpracht schwärmen und ihre Beobachtungen über die summenden und surrenden Arbeiter*innen kundtun. Dabei wird mir klar, wie wir uns alle wieder mehr von unseren kleinen Gefährten um uns wünschen, wenngleich einige Frechdachse uns gepiekst und geärgert haben. Ein Mann erzählt von den vielen Insekten, die früher auf seiner Windschutzscheibe klebten und fragt sich anschließend wo sie alle geblieben sind. Während sich die Unterschriftenlisten von immer mehr Nordstemmenener*innen, Rössingern*innen hHeyesummern*innen und diversen anderen füllen, spüre ich ganz klar: „Hier bin ich richtig, das fühlt sich gut an!“ Doch damit bin ich nicht allein, jede/r Unterzeichner* fühlt sich genauso gut, weil  er/sie weiß, dass es das Richtige war, das Volksbegehren Artenvielfalt zu unterzeichnen

 

 

 

 

 

 

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