Meine erste Demo: der Klimastreik in Hildesheim am 20.09.2019

Ein Gastbeitrag des Grünen-Mitglieds Andreas Griese

Endlich handeln, endlich was tun, raus aus der ewigen Redeschleife ohne Tat…schon im Mai war ich auf den Termin 20.09.2019 aufmerksam geworden und ich wollte dabei sein, ich wollte das erste Mal auf die Straße, das erste Mal in meinem Leben nach 55 Jahren werde ich zum Demonstranten.

Ich sprach mit meiner ganzen Familie darüber und begeisterte sie zum Mitmachen. Und ehe es endlich September wurde, entschloss ich mich, noch Mitglied der Grünen zu werden.


Der Beginn der Demonstration auf dem Vorplatz des Hauptbahnhofs

Das ist auch der Grund für diesen Artikel hier, denn ich habe mich gerne bereit erklärt, für unsere neue Homepage einen Bericht über den Generalstreik zu schreiben.

Birgits Mutter hatte noch ein altes Bettlaken, zwei Stöcke rechts und links und dann mit Farbe die Buchstaben quasi auf die Wand gemalt: „Pflanzt Bäume! Sät Blumenwiesen! Rettet Leben!“

Günter von den Grünen hat mir noch ein Trageplakat vorbei gebracht: „Es gibt keinen Planeten B“.   So ausgestattet mache ich mich mit meiner Frau, meinem Sohn Jan, meinem Sohn Laurenz mit seiner Mitschülerin Pina, meiner Mutter, ihrer Schwester und meinem Bruder auf zur Demo. Lediglich meine Frau Birgit und mein Sohn Jan waren schon mal auf einer Demo.

…Und los …Auf zur Demo …Endlich ist es soweit… Gespannt bogen wir um die Ecke und fragten uns, was uns erwarten würde. Wir stießen hinein in die bunte Menge von Menschen, die uns aufnahm in ihrer Mitte und wir wussten, hier wollen wir sein, hier sind wir richtig.

Stolz hoben Birgit und Jan das Banner in die Höhe, als unsere Botschaft an die Welt. Ich trug Günters Plakatkleid und kam mir nur einen Moment vor, wie der Candymann, der  Werbung für Süßigkeiten macht. Die Message „Wir haben keinen Planten B“ sollten alle lesen.


Andreas mit seinem Plakatkleid

Es dauerte nicht lange und wir alle setzten uns in Bewegung. Wir legten den Verkehr lahm und riefen unsere Schlachtrufe von der Straße im Chor hinaus. Ich blickte um mich herum und las die Botschaften meiner Mitstreiter:  „Make our Planet green again“… „Keine Kompromisse“… „Jetzt mehr Geld für Radverkehr“…“We care the World“… „Opfert nicht unsere Zivilisation für eure Gier“ … „System change not climate change“… „Das war’s mit Eisbär Lars“….“Natur statt CO²“…“Kinder wir hören euch“…“Fluchtursachen bekämpfen bedeutet JETZT den KLIMAWANDEL zu STOPPEN“…“Für welche Zukunft sollen wir lernen?“…“We don’t have time“…“Die Dinosaurier dachten auch, sie hätten noch Zeit“…“The time is running out“ …“The snow must go on“…

So viele Menschen auf den Straßen von Hildesheim, erste Meldungen sprechen von 4.500 Teilnehmern. Wow! Und 100.000 in Hamburg. Ich bin überwältigt und eine Gänsehaut nach der anderen durchfährt meinen Körper. Wir haben es geschafft, wir alle sind hier und so viele. Ich bin mir sicher,  jetzt werden unsere Politiker auf uns hören, auf unsere Rufe, auf die Wissenschaft.

„Warum bin ich jetzt eigentlich hier?“ frage ich mich. Ich bin dem Aufruf der Jugend von Fridays for Future gefolgt, sie haben meine Solidarität eingefordert, mit ihnen auf die Straße zu gehen. Und wieder schaue ich mich um und tatsächlich, wir alle sind dem Aufruf gefolgt. Wir lassen euch nicht alleine bei dieser Herausforderung, die Welt zu retten. Ich muss an die Erzählung von meiner Frau Birgit denken, sie war damals 19 als sie auf den Straßen in Ostdeutschland rief „Wir sind das Volk“.


Birgit mit ihrem Protestplakat

Das Volk hat die friedliche Revolution eingeleitet. Das Volk hat immer die Macht, wenn das Volk es nur will.  Jeder Einzelne von uns hat die Macht als Konsument. Es geht darum was du kaufst, was du nicht kaufst; wie viel Fleisch du isst, welche Reisen du machst, welchen Energieversorger du wählst und wo du dein Geld anlegst. Jeder hat die Wahl, diese unglaubliche Macht einzusetzen.


Der Portestzug am Zingel

Mein Bruder Thomas schaut neugierig um sich herum, auch er ist das erste mal auf einer Demo und so in Gedanken sagt er: „Wir müssen uns ändern, ich muss mich ändern. Dieses ewige schauen nach der Politik ist nicht die Lösung. Die Politik soll ihren Job machen und ich hoffe einen guten, aber unabhängig von der Politik muss jeder einzelne das auch machen, dann kommt richtig  was ins rollen.“ Meine Mutter erzählt mir von den autofreien Sonntagen von damals in den 70ern, das könnten wir doch jetzt wieder einführen. Mein Sohn Jan ist fasziniert von den Möglichkeiten von Power to X, hier sieht er die Zukunft. Er will darüber mit den Europaabgeordneten ins Gespräch kommen.

Und so ziehen wir an diesem sonnigen Nachmittag durch die Straßen. Es ist familiär, du kommst schnell ins Gespräch mit deinem Nächsten neben dir. Jede Begegnung ist anders, doch alle haben eins gemeinsam: du bist sofort  im DU zu DU, denn du kämpfst für dieselbe gute Sache. Ich konnte mir das gar nicht so richtig vorstellen, wie es sein würde. Jetzt wo ich diese Zeilen schreibe, bin ich innerlich tief berührt und die Szenen mit den Menschen auf der Straße für die Rettung unserer Welt ziehen an mir vorbei wie Bilder aus einem Film, einer guten alten Zeit, in der Worte wertvoll sind. Begegnungen sind das wesentliche und alles ist so friedvoll.


Die Abschlusskundgebung am Platz auf der Lilie

Als wir später zusammen die Nachrichten hören über die Ergebnisse des Klimakabinetts, fallen wir tief auf den wahren harten Asphalt. Warum? fragen wir uns, haben uns die  Politiker nicht gehört, was sollen wir denn noch tun, damit sie uns ernst nehmen mit unseren Sorgen um das Klima? Gilt denn die Wissenschaft gar nichts? Jetzt verstehen wir, wie großartig die Leistungen der jungen Klimaaktivisten von FFF ist,  die immer wieder jeden Freitag aufstehen und weitermachen, weiter, weiter und weiter. Chapeau!

Ich frage mich, was ich morgen tun werde, obwohl ich es genau weiß: Ich werde weiter, weiter und weiter machen und rufe euch allen zu: „Kommt mit, lasst uns Bäume pflanzen, Blumen säen und die Welt retten!“

Andreas Griese am 20. September 2019

 

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